60-Jahrfeier Stadtbibliothek
Von wegen „verstaubte“ Einrichtung: Wie lebendig, vielseitig in ihrem Angebot und beliebt die Stadtbibliothek Freising ist, bestätigte sich einmal mehr beim Jubiläumsabend. Die Gratulant*innen zum 60. Geburtstag fanden auf Treppen und Stühlen in der Jugendbuchabteilung und im Lesecafé kaum Platz. Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher freute sich, in diesem großen Kreis anstoßen zu können auf „60 Jahre Erfolgsgeschichte“. Die Bibliothek biete nicht nur für alle Altersklassen einen herausragenden Service, sondern sei auch „Lern-, Bildungs-, Begegnungs- und Freizeitort“ – und habe sich mittlerweile zu einem „kleinen Kulturzentrum“ entwickelt.
Bibliotheksleiterin Susanne Beck begrüßte am Freitag, 15. November 2019, Gäste von Stadtrat und Verwaltung, Leser*innen, Vertreter*innen von Schulen und benachbarter Bibliotheken, die frühere Leiterin Frederike George und weitere „Ehemalige“ sowie Kooperationspartner*innen und Künstler*innen. Für schwungvolle musikalische Unterhaltung sorgten „Mieke and the Boys“. OB Eschenbacher blickt zunächst auf die Anfaänge: Erste Ansätze, das Lesen außerhalb von Schulen öffentlich zu unterstützen, reichten bereits bis in 19. Jahrhundert zurück, 1934 sei dann im Asamgebäude eine „Volksbücherei“ gegründet worden. Das jetzt gefeierte Jubiläum bezieht sich auf die Neugründung als „Stadtbibliothek“ 1959. In dieser Zeit sei die Einrichtung durch vier Gebäude „gewandert“ – immer in der Freisinger Innenstadt – und habe in der aufwändig umgebauten und neu gestalteten Alten Feuerwache an der Weizengasse seit 2006 eine „tolle und stets belebte“ Heimat.
Großartiges Angebot
Das Angebot einer kommunalen Bücherei sei eine „freiwillige Leistung“ der Stadt, wusste Susanne Beck, „und ich bin natürlich der Meinung, dass sich diese Investition gelohnt hat und weiter lohnen wird“, sagte sie unter Applaus. OB Eschenbacher und ebenso Kulturreferent Hubert Hierl sicherten zu, dass sie die öffentliche Bücherei nicht als „freiwillige Aufgabe“ sehen, sondern als wichtigen und wertvollen Baustein der Stadtgesellschaft. „Wir wissen, was wir an unserer Stadtbibliothek haben“, betonte Hierl und versprach die „nachhaltige Unterstützung“ durch die Politik.
Wie nachgefragt das umfassende Angebot mit heute 94.500 Medien ist, lässt sich an einigen Zahlen festmachen: Der aktive Stamm umfasst 5.800 kleine und große Leser*innen, jährlich passieren fast 130.000 Personen den Zähler an der Tür und heuer fanden 163 Kulturveranstaltungen aller Art mit etwa 3200 Besucher*innen statt. Das zeige, dass die Bibliothek in hohem Maß Information, Freude, Spannung und Spaß biete, befand OB Eschenbacher und dankte dem engagierten Team um Susanne Beck.
In Erinnerungen schwelgen
Wer mehr von der Geschichte der „Jubilarin“ wissen wollte, kann sich anhand einer kleinen Broschüre und einer (Foto-)Ausstellung in der Stadtbibliothek informieren. Während der Feier erzählten einige Geburtstagsgäste von ihren ganz persönlichen Erfahrungen, Begegnungen und Eindrücken. Gisela Landesberger, die heute mit ihren „Literarischen Salons“ fester Bestandteil des Veranstaltungsprogramms ist, verriet, als Kind nur mit ihrer besten Freundin gekommen zu sein, weil bei verspäteter Buchrückgabe der damalige Leiter Norbert Bodenstedt „einen mit seinen dunklen Augen und Blicken durchbohrt hat“. Gleichwohl hat Landesberger die Bücherei als „Paradies“ empfunden und wurde zur passionierten Leserin.
Arnuf Drexler wiederum hat noch genau im Gedächtnis, wie er als Schüler im Marcushaus seinen Leseplatz am Fenster einnahm „und träumend auf den Marienplatz“ schaute. Die Ideengeberin für die Vorlesenachmittage für Kinder, Brigitta Sutor, wusste sogar die erste gelesene Lektüre anno 1994, eine Vampir-Geschichte. Sutor gehört – mit derzeit zehn weiteren Erwachsenen – immer noch zu den aktiven Vorleserinnen: „Das klassische Vorlesen hat einen ganz großen Wert“, bilanzierte sie. Auch Frederike Goerge, Bürgermeisterin Eva Bönig und weitere Gäste steuerten Geschichten zum Schmunzeln und schöne (Kindheits-)Erinnerungen bei.
Bilder vom Festabend
Stadtbibliothek heute und morgen
Viel hat sich zwischen 1959 und 2019 geändert – in der Gesellschaft und der Technik. So verfügt die Bibliothek heute nicht nur über gedruckte, sondern auch über elektronische Bücher, bietet (kostenlosen) Zugang zum Internet und zu Datenbanken – kurz: „Die Bibliothek ist Informations- und Lernort“, so Beck. Zudem suche man die Zusammenarbeit mit anderen Kultur- und Bildungseinrichtungen und sei somit „weit mehr als eine Medienausleihstation“. Mit Blick auf die Möglichkeiten, sich ohne Konsumzwang in den Räumen aufzuhalten und Leute zu treffen, verwendete die Bibliotheksleiterin den Begriff „öffentliches Wohnzimmer“, was den Wohlfühlcharakter in dem Haus treffend beschreibt.
Das Angebot hänge natürlich immer von den finanziellen, personellen und räumlichen Ressourcen ab, sagte Beck – und schloss ihre Worte mit einem „Absatz für den Stadtrat“. Konzipiert sei die Bücherei für 42.500 Freisinger*innen. Laut einer Faustregel sollten zwei Medien pro Einwohner*in zur Verfügung stehen. Heute zähle die Stadt schon rund 50.000 Bewohner*innen und wachse weiter. Daher stellte die Leiterin einige Zukunftsoptionen „als Denkanstöße“ in den Raum, zum Beispiel eine Erweiterung des Medienbestands schwerpunktmäßig im digitalen und „virtuellen“ Bereich zu verfolgen, die Bibliothek am Standort Weizengasse zu erweitern, in den Stadtteilen Zweigstellen einzurichten oder einen Bücherbus durch Freising zu schicken. Die Diskussion über diese Anregungen fand dann ein Stockwerk tiefer, inmitten der Sachbuch- und Romanabteilung und einer Bilderausstellung, am kalten Büffet statt.