Abschiedsabend Martin Keeser
Glücklich, überwältigt, aufgewühlt und gerührt: Diese Empfindungen waren Musikschulleiter Martin Keeser bei seiner Verabschiedung in den Ruhestand ins Gesicht geschrieben. Im Musikschul-Pavillon versammelten sich am Freitagabend, 10. Januar 2020, alle, die den grandiosen Pädagogen, Künstler, Komponisten und Förderer der Freisinger Kultur schätzen und verehren. Dank und Anerkennung gab es nicht nur mit warmherzigen Worten, sondern auch als musikalische Hommage. „Ich werde von diesem Abend sehr lange zehren, er bedeutet mir sehr viel“, versicherte ein strahlender Martin Keeser.
Dabei war dieses große Abschiedsdefilee eigentlich nicht so ganz nach seinem Geschmack, wie Odilo Zapf bereits zu Beginn der Veranstaltung dem Ehrengast augenzwinkernd eröffnete: „Heute dreht sich alles um Dich und Deine Zeit an der Musikschule. Die meisten hier im Raum wissen: Das ist genau Dein Ding, im Mittelpunkt stehen und Dich feiern lassen.“ Gleichwohl genoss Keeser sichtlich das Programm mit von ihm komponierter, initiierter oder inspirierter Musik, das ausschließlich seine (ehemaligen) Schüler*innen – zum Teil von weit her angereist – und Kolleg*innen präsentierten. Dabei wurde die riesige Bandbreite seines Wirkens und Schaffens von der Klassik bis zu Rock deutlich.
Von Klassik über Musical bis zu Bob Dylan
Eröffnet wurde der Abschiedsabend mit einer Händel-Ouvertüre, großartig aufgeführt von Streicher*innen des Freisinger Symphonieorchesters, das Keeser selbst vor elf Jahren ins Leben gerufen hatte. Klassisch ging es mit Schuberts „An die Musik weiter“, virtuos dargeboten von Cordula Krätzel (Gesang) und Jacob Burzin am Klavier. Ebenso erfreuten die Geschwister Valerie und Leonie Bulenda vierhändig am Klavier mit zwei Sätzen aus Brahms „Ungarische Tänze“, gefolgt von Songs aus zwei Keeser-Musicals: Das junge Talent Clara Pellmaier stimme Fredericks Lied an, begleitet von Lukas Voith am Klavier, und mit dem Auftritt des – textlich leicht abgewandelten – Lieds der Malafanatandra aus „Arleccin und Julia“ war Felicia Bulenda als Hexe ein echter Hingucker.
Auch die Musikschul-Beiräte eroberten die Bühne: als lauthals schmetternder Chor mit Bob Dylans „My Back Pages“, für den Chris Postl neue Zeilen verfasst hatte, die Keesers Ära liebevoll-melancholisch beleuchteten. „Wir haben tagelang geübt“, behauptete Beiratsvorsitzender und Kulturreferent Hubert Hierl über den zwei Tage zuvor formierten „Musikschul-Beirats-Chor“. Für eine grandiose Überraschung sorgten Roland Goerge, Gabriel Keeser und Kassian Stroh: Sie schlüpften in ihre „Frederick“-Kostüme von 1993 und begeisterten mit dem Rattenlied. Im Schlepptau hatten sie den Original-„Equilator“, ein Bühnenrequisit, das für diesen Abend zum „Keesercamper“ umgebaut worden war. Fulminant agierte danach die „Martin Keeser Tribute Band“: mit „Come together“ als Huldigung der „Beatles Revival Show“, die zwei Mal in der Luitpoldhalle für ein ausverkauftes Haus gesorgt hatte.
Ernennung zum Ehrendirigenten
Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher spendete dem vielseitigen Künstler und passionierten Kletterer seine Wertschätzung für 42 Jahre Wirken an der Musikschule, davon die vergangenen elf Jahre als ihr Leiter. „Du hinterlässt hier Spuren“, sagte der OB mit Blick auf Keesers umfangreiches Werk. Als Leiter der ersten Bigband vor 33 Jahren, als Musikpädagoge, dessen Talente bei „Jugend musiziert“ deutschlandweit Beachtung fanden, als Unterstützer der Städtepartnerschaften und als Macher musikalischer (Musical-)Highlights von „Frederick, die Maus“ bis zur „Feuerhex“. Zudem habe er „ein besonderes Flair“ in die Freisinger Musikszene gebracht. Besonders hob Eschenbacher die Gründung des „hochklassigen Freisinger Symphonieorchesters“ hervor. Keeser habe das Publikum mit 44 Orchesterwerken, darunter zwei Welturaufführungen, „beschenkt“. Es freue alle sehr, dass Keeser weiterhin als Leiter des Orchesters aktiv bleibe – fortan in der Funktion als „Ehrendirigent“, zum dem er von OB Eschenbacher offiziell ernannt wurde.
Eine weitere Auszeichnung hatte Peter Hackel im Gepäck: die goldene Ehrennadel des Verbands bayerischer Sing- und Musikschulen. Hackel, der zudem Leiter der Nachbar-Musikschule Erding ist, rühmte Keeser als „Ideal der öffentlichen Musikschule“ mit einer „vorbildlichen Balance von Leidenschaft in der Sache, Kreativität und Teamgeist“.
Stolzer Nachfolger
Das gute Miteinander und Keesers Gabe, für verschiedenste Projekte zu begeistern und zu motivieren, stellte Odilo Zapf in seinen herzlichen Dankesworten heraus. „Solche Projekte und Konzerte schweißen ein Team zusammen, schaffen ein Gemeinschaftsgefühl und stiften Identität.“ Dem angekündigten „Frühruhestand“ seines Chefs habe er zunächst nicht ganz geglaubt, doch die Pläne seien dann immer konkreter geworden. Den „sanften, aber deutlichen Druck“, sich um die Leitung zu bewerben, habe er nachgegeben - und am 1. September 2019 die Nachfolge angetreten. „Wirklich gerne“, wie Zapf lächelnd schilderte, „ich bin schon fast stolz, von Dir ein so gut bestelltes Haus mit einem so tollen Kollegium übernehmen zu dürfen“. Die Doppelbesetzung bis Ende 2019 sei für ihn und seinen Stellvertreter Jürgen Wüst ideal gewesen, „um noch viele Frage zu stellen, zum Beispiel, wen man für den Martinszug anrufen sollte und warum“. Odilo Zapf resümierte dankbar: „Du hast eine Ära geprägt an der Musikschule, Du hast Akzente gesetzt, die auch im Freisinger Kulturleben noch lange nachhallen werden.“
Der Musiker Keeser bleibt
Der leidenschaftliche Motivator, Lehrer und Kulturschaffende selbst stand schließlich mit einem strahlenden Gesicht auf der Bühne. „Ich bin hin und weg! Wenn Ihr wüsstet, wie es in mir ausschaut – es ist ganz komisch“, sagte er freudig. Von Josef Goerge, der 36 Jahre an der Spitze der Musikschule stand, sei er 1987 „als Jungstudent“ mit wenigen Stunden engagiert worden und hatte damals „die großen Träume von internationalem Ruhm, von Konzerthallen, die einem zu Füßen liegen, von Millionensellern“. Dass er an der Musikschule mit der Realität der Musikpädagogik vertraut gemacht worden sei, „war gut und hat mich geerdet“. Zumal er das „große Glück“ hatte, die berufliche in der „echten Heimat“ gefunden zu haben und mit Kolleg*innen von internationalem Format zu arbeiten: „Nie hatte man bei diesem Kollegium das Gefühl, in der Provinz gelandet zu sein.“ Dass mit Odilo Zapf „ein Gewächs aus unserem Haus“ die Schulleitung übernehme, sei „gut und richtig“, betonte er.
Ein großes Dankeschön spendete Keeser auch der Stadt für die ausgezeichnete finanzielle Ausstattung sowie den Eltern und verschiedenen Familien, die das Rückgrat der Musikschule bildeten. Die Entwicklung „seiner“ Musikschüler*innen wird er jetzt meistens von einem Platz im Publikum aus beobachten. Aufhören werde er aber nicht, versprach Keeser: „Als Musiker hat man sich einem Lebensinhalt verschrieben, der einem bis zum letzten Atemzug begleitet.“
Schluss war an diesem wunderbaren Abend freilich noch lange nicht: Die „Martin Keeser Tribute Band“ stimmte mit „Handle With Care“ (The Traveling Wilburys) und „Like A Rolling Stone“ (Bob Dylan) zwei Lieblingssongs von Martin an, der mit seiner Frau Beate gelöst und beschwingt einige Tanzrunden drehte. Und dann ging´s ans kalte Büffet und vielen Gesprächen mit und über den Neu-Ruheständler. Die Musikschulfamilie und Freisings Kulturszene sind schon gespannt, was der kreative Allrounder – neben seiner Tätigkeit als Orchester-Dirigent – künftig auf die Beine stellen wird. In diesem Sinne: Auf ein baldiges Wiedersehen!
Impressionen des Abschiedsabends
(Fotos: Stadt Freising)