„Bürger retten Bilder“
Ein Wirtshaus, fünf barocke Meisterwerke und eine ungewöhnliche Rettung
Erste Sonderausstellung im Stadtmuseum
Wie gelangen fünf barocke Gemälde in ein Wirtshaus? Und warum blieben sie dort über 200 Jahre lang erhalten? Die Antwort gibt die Studioausstellung „Bürger retten Bilder“ des Freisinger Stadtmuseums: Zahlreiche interessierte Gäste verfolgten am Dienstag, 3. Dezember 2024, im schönen Treppenhaus des Asamgebäudes die Eröffnung. Mit ihrem ungewöhnlichen Titel und einem spannenden Blick in die Vergangenheit lädt die Ausstellung dazu ein, Kunst und Geschichte neu zu entdecken.
Ein Titel mit Charme und Tiefgang
„Ich bitte alle Sprachsensiblen, das generische Maskulinum hier zu tolerieren – der Gleichklang von ‚Bürger‘ und ‚Bilder‘ ist einfach zu schön,“ eröffnete Museumsleiterin Ulrike Götz ihre Rede. Eine Entschuldigung sei auch deshalb angebracht, da es womöglich eine Frau war, die diese Kunstwerke in Zeiten der Säkularisation um 1803 bei einer Versteigerung erwarb und bewahrte. Die Furtnerbräuin Katharina Waizenböck, eine bemerkenswerte Unternehmerin, könnte hinter dem Kauf der fünf Gemälde stehen.
Doch der Titel weist über die historische Rettung hinaus. „‚Bürger retten Bilder‘ lässt sich auch auf alle Freisinger Bürgerinnen und Bürger beziehen, die sich bis heute um die kulturelle Vergangenheit ihrer Stadt kümmern und sich um deren Kunst- und Bildergut verdient machen“, betonte Götz.
Die ausgestellten Werke
Die Bilder, allesamt aus der Barockzeit, spiegeln auf unterschiedlichste Weise Freisings kirchliche und kulturelle Geschichte wider, wie Günther Lehrmann, Vorsitzender des Historischen Vereins, bei der ausführlichen Vorstellung der Werke berichtete. Bis auf das Gemälde „Der Tod des heiligen Benedikt“, sind die Maler unbekannt.
- „Der Freisinger Fürstbischof Johann Theodor von Bayern (1703 bis 1763)“: Das Porträt setzt die Unnahbarkeit, Persönlichkeit und Macht des Reichsfürsten eindrucksvoll in Szene (Entstehungszeit Mitte 18. Jahrhundert).
- „Der Tod des heiligen Benedikt“, ein Werk von Franz Joseph Lederer (um 1720), das auf die Verbindung des Brauereigasthofs mit dem Benediktinerkloster Weihenstephan hinweist.
- „Die Freisinger Seminarmadonna“, das berühmte Gnadenbild, zeigt die Marienfigur mit weit geöffneten Armen und einem Lilienzepter (18. Jahrhundert).
- „Rachel sitzt auf den Hausgöttern ihres Vaters Laban“ ist ein rahmenloses Ölgemälde und stellt eine seltene alttestamentarische Szene um den Stammvater Jakob dar (18. Jahrhundert).
- „Die fünf franziskanischen Märtyrer“ ist ein Meisterwerk von 1629 mit prachtvollem Akanthusrahmen und tiefer symbolischer Aussage.
Geschichte im Film und im Original
Die Ausstellung beginnt im Kinoraum mit einem einführenden, achtminütigen Kurzfilm, der die historischen Hintergründe der Gemälde beleuchtet. Im nächsten Raum können Besucherinnen und Besucher die prachtvollen Bilder im Original erleben, ergänzt durch erklärende Texte, die ihre kunsthistorische und geschichtliche Bedeutung vertiefen. Auch wenn die kleine Studioausstellung nur fünf Werke umfasst: Diese werden ausgesprochen geschmackvoll präsentiert. Dabei wird das einzelne Bild wirkungsvoll ins Szene gesetzt und zugleich der Zusammenhang der Gruppe dargestellt.
Mehr als eine Ausstellung
„Bürger retten Bilder“ ist nicht nur eine Rückschau auf die Vergangenheit, sondern auch ein Ausdruck des heutigen Engagements für das kulturelle Erbe. Engagierte Bürger wie die Familie Braun-Tüllmann, die 2021 die Gemälde der Sammlung des Historischen Vereins überließen, machen deutlich, wie bedeutsam bürgerliche Initiative für den Erhalt von Kulturgut ist. „Diese Bilder sind nicht nur Zeugnisse der Säkularisation, sondern Symbole für die Verantwortung, die wir für unser kulturelles Erbe tragen“, so Günther Lehrmann.
Mit einer Anekdote schloss der Vorsitzende seine interessante Rede. Die Bilder seien ein zweites Mal gerettet worden: Als der Furtnerbäu 1886 durch einen Großbrand zerstört wurde, hätten Nachbarn geholfen, Teile des Inventars in Sicherheit zu bringen. Tags darauf habe die Furtnerbräuin laut Überlieferung ihrer Enkelin Marianne Tüllmann resigniert ausgerufen: „Jetzt hab ich zwar Bilder, aber keine Wand mehr zum Aufhängen!“
Öffnungszeiten und weitere Informationen
Die Sonderausstellung „Bürger retten Bilder“ ist noch bis 23. Februar 2025 im Stadtmuseum Freising zu sehen: Mittwoch bis Sonntag 11 bis 17 Uhr, Dienstag 15 bis 21 Uhr (Eintritt frei). Weitere Informationen, auch über das Führungsprogramm, auf der Website des Stadtmuseums.