Der Stadtrat hat in seiner Sitzung am 23. Januar 2020 eine „Freisinger Resolution zum Klimawandel“ beschlossen. Darin erkennt die Stadt Freising „den globalen Klimanotstand“ an, erachtet „die Eindämmung des menschengemachten Klimawandels und dessen schwerwiegenden Folgen auch als eine kommunalpolitische Aufgabe von größter Dringlichkeit“ und verpflichtet sich zum aktiven Klimaschutz als zentrale Leitlinie für das Handeln von Politik und Verwaltung. Ein Maßnahmenbündel mit 24 konkreten Punkten soll die Freisinger Klima-Offensive sichtbar voranbringen.

In den vergangenen Monaten hatten die Fraktionen von ödp, Bündnis 90/Die Grünen und SPD Anträge zur Ausrufung des Klimanotstands bzw. zur Erklärung von Klimaschutzpolitik als Aufgabe größter Dringlichkeit eingereicht. Ergänzend dazu wurden Anträge von Grünen (Energieeinsparung Gebäude) und Freisinger Mitte (integriertes Gesamtentwicklungskonzept Mobilität). Das Klimaschutzmanagement der Stadt hatte sich intensiv mit allen Forderungen befasst, die auch von den Referatsleitern der Stadtverwaltung beraten wurden. In zwei Diskussionsrunden mit den antragstellenden Fraktionen und weiteren Akteur*innen wurden die Forderungen erörtert, ergänzt und konkretisiert. Einigkeit herrschte, dass der Focus im Bereich des Handelns und damit auf konkreten Maßnahmen für mehr Klimaschutz in Freising liegen solle. Auf Grundlage der Ergebnisse dieser Gesprächsrunden hatte die Stadtverwaltung die „Freisinger Resolution zum Klimawandel“ erarbeitet, die nun dem Stadtrat zur Beratung und Abstimmung vorlag.

Die Sitzung wurde im Rathaussaal von etwa 70 Zuhörer*innen verfolgt, aus Platzgründen wurde die Debatte auch in den kleinen Saal übertragen. Unterdessen versammelten sich auf dem Marienplatz zahlreiche Demonstrierende und verlangten, auch auf Bannern, den „Klimanotstand – Freising jetzt“ auszurufen.

Aufschlussreicher Vortrag

Einführend referierte Marie Hüneke, Klimaschutzmanagerin der Stadt Freising, im Stadtrat eingehend über die Erderwärmung und warb dafür, das Thema „auf sachlicher Ebene“ zu behandeln.   Über den menschengemachten Klimawandel herrsche in der Wissenschaft ein „breiter Konsens – seit 30 Jahren“, schilderte sie. Die ansonsten flexible Natur habe mit der Geschwindigkeit des Klimawandels ein Anpassungsproblem. Die Auswirkungen der Klimaänderung verursachten Schäden, die zum Teil unumkehrbar seien und zu enormen wirtschaftlichen Kosten führten. „Also ist es Zeit für den Klimaschutz!?“, stellte Hüneke als Aufruf und zugleich Frage in den Raum. Denn die von der Politik aufgestellten CO2-Einsparungziele würden in Deutschland zum einen verfehlt und reichten aus wissenschaftlicher Sicht nicht aus, um den Klimawandel einzudämmen. Als Grund dafür machte sie unter anderem aus, dass der Klimawandel „ein komplexer und schleichender Prozess ist, man sieht zunächst keine direkten Auswirkungen“ und dass damit das auf Konsum ausgerichtete System in Frage gestellt werde: „Klimaschutz wird mit den Begriffen Einschränkung, Verzicht, Spaßverderber verbunden.“ Als weitere Erklärungsversuche nannte Hüneke die Verbreitung gezielter Fehlinformationen und „alternativer Fakten“ sowie nicht zuletzt die „Angst, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen“.

Kommunen als Lebensraum der Bürgerschaft

Wiewohl Städte und Gemeinde von äußeren Rahmenbedingungen abhängig seien, spielten diese bei der Eindämmung der Treibhausgasemissionen eine wichtige Rolle befand Hüneke: „Auch wenn der Klimaschutz bisher nicht zur Pflichtaufgabe zählt, so stellt er und insbesondere die Bereitstellung einer nachhaltigen, zukunftsfähigen Energieversorgung im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge eine zentrale kommunale Aufgabe dar.“ Speziell in Freising als „junge, lebendige Stadt“ mit dem grünen Lehr- und Forschungszentrum, den eigenen Stadtwerken oder den aktiven Agenda21-Gruppen sieht die Fachfrau große Chancen, die abstrakten Klimaschutzziele mit Leben zu erfüllen und umzusetzen.  

Nachholbedarf in Freising

Positiv stellte Marie Hüneke heraus, dass sich in Freising schon „viel bewegt habe“, bereits 2013 ein Integriertes Klimaschutzkonzept und ergänzend 2018 ein Mobilitätskonzept beschlossen sowie wichtige „Kernmaßnahmen angestoßen“ worden seien. Allerdings funktioniere das Monitoring, also eine nachvollziehbare Berechnung der erzielten CO2-Einsparung nicht und müsse auf neue, valide Füße gestellt werden. „Mit großer Wahrscheinlichkeit ist davon auszugehen, dass wir von den im Klimaschutzkonzept gestellten Zielen noch weit entfernt sind“, sagte die Fachfrau. Zudem klaffe zwischen wissenschaftlichen Erkenntnissen und dem notwendigen Handeln eine Lücke. Und schließlich bewiesen Bewegungen wie „Fridays for future“ die Unzufriedenheit der Bürgerschaft mit den erzielten Fortschritten.

Auf Grundlage der Fraktions-Anträge, der Ergebnisse der Diskussionsrunden und der von der Verwaltung angestellten Analyse sei überlegt worden, wie in Freising der Klimaschutz vorangebracht werden könne, erläuterte Hüneke. So seien übergeordnete Forderungen formuliert worden, aus denen konkrete Ziele abgeleitet worden seien, die wiederum durch „ganz konkrete Maßnahmen“ erreicht werden sollten.

Stadt erkennt den Klimanotstand an - und handelt

Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher lobte die „pragmatisch ausgearbeitete“ Resolution mit ihren Zielen und dem Handlungskatalog „mit echten Maßnahmen“. Die Fraktionen bedankten sich übereinstimmend bei der Stadtverwaltung mit Marie Hüneke an der Spitze für die ausgezeichnete, sachliche Vorbereitung. Im weiteren Sitzungsverlauf verlas der OB die Präambel der „Freisinger Resolution zum Klimawandel“ mit elf grundlegenden Aussagen und Forderungen. Beschlossen wurde mehrheitlich der von Eschenbacher eingebrachte Kompromiss, dass die Stadt Freising den Klimanotstand anerkennt. Ebenfalls beschlossen wurde eine Liste von 18 zentralen Zielen. Bei den vorgelegten Beschlüssen zur „Freisinger Klima-Offensive“ mit insgesamt 24 konkreten Maßnahmen gab es kleinere Korrekturen.

Die komplette Resolution mit Zielen und Handlungsschritten wurde bei zwei Gegenstimmen angenommen und kann hier als PDF-Datei abgerufen werden.

Kundgebung während der Sitzung auf dem Marienplatz


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