Januar 2021 - Ein Freisinger Kochbuch aus dem 19. Jahrhundert

Im Sommer 2001 überließ der Münchner Architekt Georg Pezold dem Stadtarchiv Freising verschiedene historische Dokumente, die auf seine Vorfahren mütterlicherseits zurückgehen. Pezolds Mutter, Magdalena Pezold, geborene Sporrer, entstammte einer bedeutenden Freisinger Brauer- und Wirtsfamilie. Ihrem Vater Eduard Sporrer hatte eines der größten Anwesen der Stadt gehört: der Heigl- oder Sporrerbräu in der Unteren Hauptstraße, der nachmalige „Bayerische Hof“. Die enormen Dimensionen des bis heute erhaltenen Hauses, das sich über drei historische Parzellen erstreckt, gehen auf die Zukäufe und Erweiterungen zurück, die Eduards Vater bzw. Magdalenas Großvater Franz Seraph Sporrer in den 1830er und 1840er Jahren getätigt hatte. An die Familie erinnern in Freising heute noch die „Sporrergasse“, die westlich an das Anwesen grenzt, sowie die historischen „Sporrerkeller“ unter dem Lindenkeller.

Zu den Dokumenten, die der Sporrer-Nachfahre Georg Pezold ans Stadtarchiv schickte, gehören unter anderem Menüzettel und Rechnungen des Sporrerbräus aus den 1850er und 1860er Jahren, die während verschiedener Aufenthalte von Mitgliedern der bayerischen Königsfamilie gefertigt wurden. Um besonders bedeutende Dokumente handelt es sich bei zwei handschriftlich verfassten Kochbüchern. Sie liefern konkrete Hinweise auf die regionale Esskultur in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Das umfangreichere der beiden Kochbücher (s. Abb.) dürfte aus der zweiten Hälfte der 1860er Jahre stammen. Es findet sich zwar kein Entstehungsdatum, jedoch datieren einige Beispiele umgesetzter Menüfolgen, die sich am Ende des Kochbuchs befinden, vom Jahr 1867. Keine Kenntnis haben wir von der Autorin beziehungsweise vom Autor. Da es sich augenscheinlich immer um dieselbe Handschrift handelt, dürfte hier nur eine Person infrage kommen. Das Kochbuch setzt sich aus 133 dicht beschriebenen Seiten zusammen. Insgesamt enthält es 288 Rezepte, die sich oftmals nicht auf ein ganzes Gericht, sondern auf einzelne Bestandteile beziehen. Im Folgenden zwei transkribierte Beispiele aus dem Kochbuch:

Transkription zweier Rezepte

Anmerkung: Abkürzungen wurden in eckigen Klammern aufgelöst; ebenfalls in eckigen Klammern sind inhaltliche Ergänzungen eingefügt; die meisten Kommata wurden aus Gründen eines besseren Leseverstehens ergänzt.

 

[Rezept Nr.] 6 Bisquittsupp

Rühre ein Stück Butter in einer Schüßl schaumig ab, nim 6 Eiergelb u[nd] 6 - 8 Eßlöffl voll Mehl, jedesmal 1 Ei u[nd] 1 Löffl Mehl, rühre es gut ab, von den weißen [Eiweiß] schlage einen Schnee, rühre i[h]n darunter u[nd] salze den Teig gehörig, dan streiche mehrere Wandln [Backreine] mit Butter aus u[nd] fühle [fülle] sie ein, dan backe sie in [im] Rohr schön gelb, wenn sie ausgebacken sind, nim´s heraus, laße sie auskühlen, dan schneide sie in Blätter, thues in eine Suppschüßl, gieße die Fleischsupp darauf u[nd] giebs zur Tafl.

 

[Rezept Nr.] 253 Gefüllte Äpfel

Wenn selbe geschällt sind, schneide einen Deckel ab, höhle sie dan aus, stoße sie in ein weißes Mehl, backe sie dan in Schmalz. Zu der Fülle wiege [vermenge] geschällte Mandeln, große Weinbeeren [Rosinen], Zittronenschalle u[nd] gekochte Äpfel, wenn sie gefühlt [gefüllt] sind, kocht man sie in Wein oder Hollersaft auf, man kann sie zum Geflügel als kalten Salat geben.

 

AUTOR: Florian Notter
QUELLEN: Stadtarchiv Freising, NLSp Georg Pezold (inkl. der Überlassungsunterlagen).

WEITERFÜHRENDE LITERATUR: Bienen, Hermann: Freisinger Brauereien im Überblick. Eine Datensammlung zur Familien-, Besitz- und Baugeschichte, in: Notter, Florian (Hg.): Freising als „Stadt des Bieres“. Kulturgeschichtliche Aspekte (Schriften des Stadtarchivs Freising 1), 2016, hier (zum Sporrerbräu) S. 194-202.

Februar 2021 - Hauptstraßen-Baustelle 1963

 

„Die Freisinger Obere Hauptstraße ist zur Zeit eine Sinfonie aus Kies, Sand, Beton, Schächte[n], Bagger[n], Arbeitslärm und einem trockenen Brunnen“. Wer die aktuellen Umbaumaßnahmen vor Augen hat, kann dieser Aussage ohne Weiteres zustimmen. Tatsächlich stammt der Satz aber aus dem Jahr 1963. Er findet sich am Anfang einer Kolumne, die in der Ausgabe des Freisinger Tagblatts vom 19. Juli veröffentlicht wurde.

Der Umbau der Hauptstraße in den Jahren 1963 und 1964 war ein viel diskutiertes Thema im damaligen Freising. Anders als bei den Umgestaltungsmaßnahmen Mitte der 1980er und in den 2010er Jahren ging es damals nicht darum, in austarierten und aufeinander abgestimmten Konzeptpaketen unterschiedliche Belange in Einklang zu bringen (wie z.B. Stärkung des Innenstadt-Gewerbes, Aufenthaltsqualität, Barrierefreiheit, Baukultur, Denkmalpflege). Es ging Mitte der 1960er vielmehr darum, die Innenstadt im Sinne des motorisierten Individualverkehrs „verkehrstauglich“ zu machen. Ganz nach dem Konzept der „autogerechten Stadt“ wurde dem PKW der Vorrang vor anderen Verkehrsteilnehmern eingeräumt.

Das Ergebnis des Hauptstraßen-Umbaus von 1963/64 waren eine breite, asphaltierte Durchgangsstraße, schmale, an die Ränder gedrängte Gehsteige für die Fußgänger und die fast vollständige Preisgabe des öffentlichen Stadtraums zugunsten von PKW-Stellplätzen. Um die Verkehrssicherheit für Fußgänger zu gewährleisten, mussten Einrichtungen geschaffen werden, die man bis dahin in der Innenstadt nicht kannte: Fußgängerüberwege, Fußgängerampeln, Sperrgeländer und – im Bereich des Kriegerdenkmals – sogar eine Verkehrsinsel.

Durch die stetige Zunahme des motorisierten Individualverkehrs und die Überforderung historisch gewachsener Stadträume kam das Konzept der „autogerechten Stadt“ im Lauf der 1970er Jahre vielerorts stark in die Kritik. Vielfach wurden Alternativkonzepte entwickelt, die auf Maßnahmen setzten wie Umfahrungsstraßen, Parkhäuser an den Innenstadträndern, verkehrsberuhigte Zonen oder Fußgängerzonen. Auch in Freising revidierte man den Umbau von 1963/64 bereits nach zwei Jahrzehnten wieder (Hauptstraßenumbau und Verkehrsberuhigung 1983 bis 1986).

 

Einen Eindruck vom Umbau der Oberen Hauptstraße im Sommer 1963 vermitteln uns zwei Farbfotografien, die aus dem Fotonachlass des Freisinger Cafetiers Hermann Hauptmann stammen (vgl. Abb.); die Familie überließ den Nachlass 2018 freundlicherweise dem Stadtarchiv. Auf der einen Aufnahme, die die Obere Hauptstraße mit Blickrichtung nach Westen zeigt, kann man das „Drunter und Drüber“ der Baustellensituation gut nachvollziehen. Die andere Aufnahme gibt lediglich einen kleinen Ausschnitt der Baustelle wieder, ungefähr den Bereich zwischen Kriegerdenkmal, dem Schiedereck und der Bahnhofstraße; Blickrichtung des Fotografen ist hier Osten. Besonderes Interesse scheint die während der Baustellenphase geöffnete Stadtmoosach auf sich zu ziehen, jedenfalls richten sich die Blicke der umstehenden Personen auf das Wasser. Während der Stadtbach bei den Umbaumaßnahmen 1963 und 1986 wieder geschlossen wurde, bleibt er nach dem Umbau von 2020/21 offen – zumindest streckenweise.

 

AUTOR: Florian Notter
QUELLEN: Stadtarchiv Freising, B II, Stadtratsprotokoll 1963, S. 3-5; ebd. Protokoll des Verwaltungsausschusses 1963, S. 17, 36, 74; ebd., NLSp Hermann Hauptmann; ebd., Zeitungssammlung, Freisinger Tagblatt, 19.07.1963, 02.08.1963, 09.08.1963.

März 2021 - Die Zulassung der Freisinger CSU durch die US-Militärregierung (1945)

Angesichts der unbeschreiblichen menschlichen Katastrophe, in die Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg Europa und die Welt geführt hatten, schien es im Mai 1945 kaum vorstellbar, dass noch im selben Jahr politisches Leben in Deutschland neu entstehen könnte. Tatsächlich wurden die Grundlagen dafür aber schon im Potsdamer Abkommen vom 2. August 1945 gelegt. Unter den hierin publizierten Beschlüssen der Potsdamer Konferenz schrieben die Siegermächte unter anderem fest, dass innerhalb der einzelnen Besatzungszonen „alle demokratischen politischen Parteien zu erlauben und zu fördern“ sind und zwar „mit der Einräumung des Rechtes, Versammlungen einzuberufen und öffentliche Diskussionen durchzuführen.“ Ziel war es, die deutsche Selbstverwaltung zügig wiederherzustellen. Dies galt allerdings ausschließlich für die Landes- und Kommunalebene; die Zukunft Deutschlands als Nationalstaat einschließlich einer zentralen deutschen Regierung lag zu jenem Zeitpunkt sehr im Ungewissen.

In der amerikanischen Besatzungszone, der bekanntermaßen auch Bayern (ohne die bayerische Pfalz) angehörte, wurde der Potsdamer Beschluss zur Wiedererrichtung demokratischer Strukturen am 27. August 1945 in Kraft gesetzt – durch eine Direktive des damaligen Militärgouverneurs der US-Besatzungszone (und späteren US-Präsidenten) Dwight D. Eisenhower. In den darauffolgenden Tagen und Wochen kam es überall im besetzten Bayern zu lokalen Aufrufen zur Gründung demokratischer Parteien. Tatsächlich regte sich bald wieder politisches Leben. Während die SPD und die KPD dabei programmatisch und auch in Bezug auf ihren Parteinamen an die Zeit vor 1933 anknüpften, formierte sich das bürgerlich-konservative Lager neu. Gesellschaftliche und konfessionelle Gegensätze, die in der Weimarer Zeit zur Zersplitterung in mehrere bürgerlich-konservative Parteien (in Bayern v.a. Bayerische Volkspartei und Bayerischer Bauernbund) geführt hatten, sollten nun überwunden werden. So fasste im Spätsommer und Herbst 1945 die Idee der konfessionell und gesellschaftlich geeinten „Christlich-Sozialen Union“ immer stärker Fuß. Die meisten lokalen Neugründungen gaben sich Ende 1945 diesen (oder zumindest einen ähnlich lautenden) Namen. Parallel zu den örtlichen Gründungen liefen die Vorbereitungen zur Gründung der Landespartei CSU. Sie sollte schließlich am 8. Januar 1946 von der Militärregierung ihre Zulassung erhalten.

In Freising formierte sich das bürgerlich-konservative Lager um einen Kreis von Personen, die teils schon vor 1933 innerhalb der lokalen Gruppe der Bayerischen Volkspartei (BVP) politisch aktiv gewesen waren. Dazu gehörten etwa der Buchdrucker Karl Warmuth (1903-1954), der Lehrer Alois Braun (1892-1963) oder der Hotelier Carl Dettenhofer (1885-1970). Ihnen schlossen sich Vertreter der jüngeren Generation an, so etwa der Rechtsanwalt Philipp Held (1911-1993), den die Militärregierung am 1. Oktober 1945 zum Freisinger Landrat bestimmt hatte. Über Helds Vater Heinrich Held (1868-1938), 1924 bis 1933 bayerischer Ministerpräsident (BVP), bestanden freundschaftliche Beziehungen zu Josef Müller („Ochsensepp“), von 1945 bis 1949 erster Parteivorsitzender der CSU. Auf diese Weise verfügte die Freisinger Gründungsgruppe über beste Kontakte zu maßgeblichen Personen der landesweiten Initiative.

Die formale Gründung der CSU in Stadt und Landkreis Freising vollzog sich schließlich in der dritten Dezemberwoche 1945: Mit Datum vom 15. Dezember wurde der Zulassungsantrag bei der US-Militärbehörde in Freising eingereicht. Den strengen Zulassungsbedingungen entsprechend mussten den Antrag 25 von nationalsozialistischen Verstrickungen unbelastete Personen als Bürgen („sponsors“) unterzeichnen (es unterschrieben dann sogar 34 Bürgen); ferner waren dem Antrag das lokale Parteiprogramm und die Satzung in englischer und deutscher Sprache beizufügen. Bereits vier Tage später, am 19. Dezember 1945, erhielt die Freisinger CSU ihre Zulassung. In der tags darauf erschienenen Ausgabe der „Bekanntmachungen für Stadt und Kreis Freising“ wurde die Zulassung schließlich publik gemacht (vgl. Abb.); bei jenen „Bekanntmachungen“ handelte es sich um ein Amtsblatt, über das die lokalen Behörden und die US-Militärregierung das alltägliche Leben der Nachkriegszeit zu regeln versuchten.

Während sich die „Bekanntmachungen“ in mehreren Exemplaren im Stadtarchiv Freising erhalten haben, werden die originalen Dokumente zur Gründung bzw. Neugründung der Freisinger Parteien 1945/46, so auch der CSU, in den National Archives der USA aufbewahrt, dort innerhalb des Bestandes „Office of Military Government for Germany, US (OMGUS). Ein großer Teil der OMGUS-Dokumente wurde im Rahmen des sog. „OMGUS-Projekts“ (1976-1983) auf Mikrofiches verfilmt. Die Filme zu Dokumenten, die die Militärregierung in Bayern betreffen, liegen im Bayerischen Hauptstaatsarchiv in München vor.

 

Autor: Florian Notter
QUELLEN: Stadtarchiv Freising, Bibliothek, Bekanntmachungen für Stadt und Kreis Freising, Jg. 1945. Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, OMGUS, CO 449/04, political parties applications (Mikrofich-Verfilmung von Originaldokumenten aus den National Archives der USA).
WEITERFÜHRENDE LITERATUR: CSU Ortsverband Freising (Hg.): 40 Jahre CSU in Freising. Festschrift, Freising 1985; Gelberg, Karl-Ulrich: Vom Kriegsende bis zum Ausgang der Ära Goppel (1945-1978), in: Schmid, Alois (Hg.): Handbuch der bayerischen Geschichte, Bd. IV/1, München 2003, S. 635-956, bes. S. 757-789; Lanzinner, Maximilian: Zwischen Sternenbanner und Bundesadler. Bayern im Wiederaufbau 1945-1958, Regensburg 1996, bes. 33-58; Weisz, Christoph (Hg.): OMGUS Handbuch. Die amerikanische Militärregierung in Deutschland 1945-1949, München 1995.

April 2021 - Flugschau am Segelflugplatz "Lange Haken" bei Giggenhausen (1977)

Als im Mai 1992 im Erdinger Moos der neue Münchner Flughafen eröffnet wurde, musste auf der anderen Seite der Isar, im Freisinger Moos, ein beliebter Segelflugplatz schließen. Knapp drei Jahrzehnte lang waren hier Luftsportbegeisterte aus Freising und der gesamten Region München zum Flugtraining, zur Ausbildung, zu Wettbewerben oder Flugvorführungen zusammengekommen.

Die Anfänge des Segelflugplatzes „Lange Haken“, dessen Name sich von einer historischen Flurbezeichnung ableitete, gehen auf die frühen 1960er Jahre zurück. Die Mitglieder des „Luftsportvereins Freising e.V.“ waren damals auf der Suche nach einem Gelände, das sich für die Anlage eines Segelflugplatzes eignete. Zu diesem Zweck hatte der 1951 gegründete Verein bislang eine Wiese bei Pulling genutzt, die von der Fabrikantenfamilie Schlüter zur Verfügung gestellt worden war. Durch den konstanten Zustrom an Segelflugsportlern reichten die Kapazitäten dieses Platzes letztlich nicht mehr aus. Zur gleichen Zeit war auch der „Aero-Club München“ gezwungen, seinen Segelflugplatz in Fröttmaning aufzugeben und sich um eine Alternative zu bemühen. Um ihrem Anliegen stärker Nachdruck zu verleihen, taten sich die beiden Vereine in der Folge zusammen. Tatsächlich zeitigte die Ausschau nach einem Grundstück wie auch nach politischen Unterstützern bald Erfolge: Bezüglich des Standorts fokussierte man ein Areal an der Moosach, zwischen den Dörfern Giggenhausen und Pulling; wegen der Aufwinde, die durch die nahen Tertiärhügel gegeben waren, schien die Lage für die Segelfliegerei hier ideal. Einen einflussreichen Förderer fand der Luftsportverein im damaligen Freisinger Landrat (und späteren Justizminister) Philipp Held. Zu den tatkräftigen Initiatoren auf Seiten des Luftsportvereins gehörten seinerzeit der Rechtsanwalt Ludwig Huber-Wilhelm, der Lehrer Rudolf Braun und der Arzt Gerhard Völlinger. Bereits 1961 konnten die ersten Grundstückskäufe getätigt werden. 1963 folgte der Bau der 600 Quadratmeter großen Flugzeughalle im Nordosteck des Areals, nahe der Zufahrtsstraße beziehungsweise der Moosach. Die feierliche Einweihung des Flugplatzes fand am 28. Juli desselben Jahres statt.

In den 29 Jahren seines Bestehens war „Lange Haken“ immer auch ein Ort, der in großer Zahl interessierte Laien anzog. Neben den gewöhnlichen Flugtrainings, die man mitverfolgen konnte, organisierte der Luftsportverein seit den 1970er Jahren mehrmals öffentliche „Flugtage“ – große Volksfeste mit Flugshoweinlagen und kulinarischen Angeboten. Der dritte „Großflugtag“ auf „Lange Haken“ wurde am 18. September 1977 veranstaltet und damit das 25-jährige Bestehen des Luftsportvereins Freising gefeiert (korrekterweise hätte die Feier ein Jahr früher stattfinden müssen). Von diesem Ereignis hat sich im Stadtarchiv Freising ein Plakat erhalten (s. Abb.). Das Programm war gespickt mit größeren und kleineren Attraktionen: verschiedene Flugshows, Fallschirmspringen, Ballonfahrten, eine Flugzeugtaufe und ein Hallenfest mit Tanz. Wie in der Ausgabe vom 20. September 1977 der Freisinger Neuesten Nachrichten berichtet wurde, wohnten dem Ereignis trotz niedriger Temperaturen und häufigen Regenschauern etwa 2.500 Besucherinnen und Besucher bei. Wie aus dem Bericht weiter hervorgeht, war das Ende des Segelflugplatzes, das durch den geplanten Münchner Flughafen unweigerlich drohte, damals bereits ein Thema.

Während der Segelflugplatz „Lange Haken“ seit 1992 Geschichte ist, gibt es den traditionsreichen Luftsportverein Freising noch immer, heute allerdings unter dem Namen „Luftsportverein Beilngries e.V.“. Hier konnte 1994 ein neuer Segelflugplatz bezogen werden.

Autor: Florian Notter
QUELLEN:
Stadtarchiv Freising, Plakatsammlung. Ebd., Zeitungssammlung, Freisinger Neueste Nachrichten, 20.09.1977; Freisinger Tagblatt 19.07.1963, 28.07.1963, 20.09.1977; Freisinger Zeitung, 29./30.06.1963. Vereinsarchiv Luftsportverein Beilngries e.V. (vormals Luftsportverein Freising), Festschrift „25 Jahre Luftsportverein Freising“; Website: www.lsvbeilngries.de (zuletzt aufgerufen 14.03.2021).

Mai 2021 - Vötting 1898

Es war ein schöner, klarer Septembertag im Jahr 1898, als ein uns unbekannter Fotograf am Westabhang des Weihenstephaner Berges seine Kamera positionierte und das Dorf Vötting ablichtete. Der Standort an einem markanten Hangvorsprung, dem sogenannten „Stephanseck“, war gut gewählt – ließ sich von hier aus doch möglichst viel vom Dorf und seiner Umgebung erfassen. Die Fotografie, die dem Stadtarchiv Freising 2017 von einem Antiquariat angeboten wurde, soll im Folgenden kurz näher betrachtet werden.

Wenden wir uns zunächst dem Weg zu, der im rechten unteren Bildteil angeschnitten ist: der Weihenstephaner Steig. Er verbindet die Dorfmitte mit dem Scheitel des Weihenstephaner Bergs. Bis 1803 hatte er für die Vöttinger Einwohner eine besondere Bedeutung: Am oberen Ende des Steigs erreichte man nicht nur die alte Pfarrkirche St. Jakob mit ihrem umliegenden Friedhof, sondern – einige Meter weiter – das Benediktinerkloster Weihenstephan, den Grund- und Gerichtsherrn der Klosterhofmark Vötting. Nach der Säkularisation des Klosters im Jahr 1803 und dem in diesem Zusammenhang erfolgten Abbruch der alten Pfarrkirche änderte sich die soziostrukturelle Ausrichtung des Dorfes. Die 1808 beziehungsweise im Zuge des bayerischen Gemeindeedikts von 1818 begründete Landgemeinde Vötting, die bis dahin nicht gekannte Selbstverwaltungskompetenzen erhielt, brachte eine Orientierung weg vom Weihenstephaner Berg und hin zum Ort selbst. Verstärkt wurde diese Tendenz auch durch den Bau der Schule schräg gegenüber des Wirtes (1804) beziehungsweise durch den Neubau der Pfarrkirche St. Jakob auf einer Anhöhe rund 150 Meter nördlich des Ortskerns (1854 bis 1857).

Von der Ortsmitte ist auf der Fotografie nur ein Teil zu erkennen: Es sind überwiegend schon ganz aus Ziegeln gebaute Häuser, wie sie typisch für bayerische Dörfer des 19. Jahrhunderts waren. Im Vordergrund ist noch ein Haus des älteren Regionaltyps erhalten. Nur das Erdgeschoss ist aufgemauert, das Krüppelwalmdach dagegen ganz aus Holz gefertigt – inklusive der Schindeldeckung. Südlich unterhalb dieses Hauses (links) verläuft der Mühlenweg zur Vöttinger Mühle, die bis zur Säkularisation die Getreidemühle des Klosters Weihenstephan war (die Mühle selbst liegt freilich weit außerhalb der Perspektive der Fotografie). Links im Hintergrund fällt die Giggenhauser Straße mit einem einseitigen Pappelbewuchs auf. Darüber auf der Anhöhe erkennt man das Dorf Hohenbachern. Rechts sieht man drei Gebäude des „neuen“ Vötting des 19. Jahrhunderts: der Pfarrhof, die Pfarrkirche und – oberhalb der Vöttinger Straße gelegen – das neue (zweite) Schulgebäude aus der Zeit um 1880.

 

Autor: Florian Notter
QUELLEN: Stadtarchiv Freising, Fotosammlung.
LITERATUR:
Notter, Florian: Aufbruch und Umbruch. Freising in Fotografien der Jahre 1900 bis 1920 (Kataloge des Stadtarchivs Freising 2), München 2017, S. 188-189.
Notter, Florian: Kirchen in der Pfarrei St. Jakob in Freising-Vötting, Freising 2007.

Juni 2021 - Dokumente einer "heißen" Zeit: Freisinger politisch-alternative Zeitschriften der 1970er und frühen 1980er Jahre

„Spucknapf“, „Zündstoff“, „Bladl“ oder „Zeck“ – wenn Zeitschriften so einen Namen tragen, dann kann man davon ausgehen, dass der Name auch Programm ist. Klingt ganz nach alternativen Sichtweisen, Anti-Mainstream, Satire und ein bisschen auch nach Krawall. Genau dafür standen jene Freisinger Zeitschriften, die diese Namen führten. Im Jahrzehnt zwischen den beginnenden 1970er und den beginnenden 1980er Jahren gab es in der Stadt eine ganze Reihe derartiger Blätter. Ihre Verfasser waren überwiegend jüngere Erwachsene, die sich mit den damaligen politischen Entwicklungen in Freising, aber auch in Bayern und in der Bundesrepublik nicht einverstanden zeigten und deshalb deutliche Kritik äußerten.

Natürlich war das keine spezifisch lokale Erscheinung, sondern kennzeichnend für die stark politisierte westdeutsche Gesellschaft der 1970er Jahre. Es war eine Zeit hitziger, mitunter stark ideologisierter Debatten, innerhalb wie außerhalb der Parlamente. Einzelne gesellschaftliche Strömungen, deren Interessen innerhalb der Programme der etablierten Parteien nicht vertreten waren, weiteten sich im Lauf des Jahrzehnts zu einflussreichen sozialen Bewegungen („Neue Soziale Bewegungen“) aus. Besondere Bedeutung hatten die („zweite“) Umweltbewegung, die Anti-Atombewegung und – ab 1979 infolge des NATO-Doppelbeschlusses – die neue Friedensbewegung. Um ihren Themen mehr gesellschaftliche Durchschlagskraft zu verleihen, gründeten zahlreiche lokale Initiativen eigene Presseorgane – ein Phänomen, das später unter dem Begriff „Stattzeitungen“ zusammengefasst wurde.

Die Macher der Freisinger politisch-alternativen Zeitschriften jener Jahre lassen sich in der Mehrzahl der politischen Linken zuordnen. Je nach Blatt sind aber unterschiedliche Strömungen auszumachen, was auch am jeweiligen Erscheinungszeitraum liegt. Die erste Zeitschrift ihrer Art in Freising war der „Spucknapf“, den die Mitglieder des Freisinger Jugendclubs unter dem Motto „unabhängig, kritisch, unbequem“ herausgaben. Sie standen der Jugendzentrumsbewegung nahe. Die zwischen 1973 und 1975 erschienenen Hefte fokussierten Themen der Jugendkultur und der politischen Mitsprache Jugendlicher. Themen zum Natur- und Umweltschutz spielten noch keine Rolle. Häufiger Gegenstand der Berichterstattung ist der Streit zwischen dem Jugendclub und der Freisinger CSU, die aufgrund der politischen Ausrichtung einiger Clubmitglieder nicht zu seinen Unterstützern gehörte.

Zwischen 1975 und 1978 erschien in zehn Ausgaben die „Freisinger Stadtzeitung“, die thematisch und – in geringem Maß – auch personell an den „Spucknapf“ anknüpfte. Neu waren spezifisch Freisinger Themen wie der Neubau eines Jugendzentrums, die Forderung nach Einführung einer Fußgängerzone und die Planung zum Flughafen im Erdinger Moos.

Speziell an Schülerinnen und Schüler sowie Auszubildende richtete sich die ab 1975 herausgegebene Zeitschrift „Zündstoff“. Sie behandelte vorwiegend lokale Themen. Der Stil des „Zündstoffs“ war kritisch, aber insgesamt eher gemäßigt. Offensichtlich kam es nur zu einigen wenigen Ausgaben. Um dieselbe Zeit brachten die Freisinger Jungdemokraten eine Zeitschrift mit dem Titel „Bladl“ heraus, über das aktuell nichts weiter bekannt ist.

Ab Sommer 1979 gab es zwei neue politisch-alternative Zeitschriften in Freising: der „Zeck“ (bis 1982) und die „Perspektive“ (bis 1981). Der „Zeck“ hatte seinen Ursprung in der Abiturzeitung eines Abschlussjahrgangs der Freisinger Fachoberschule. Beide Zeitschriften zeichneten sich durch eine große Themenvielfalt aus. Neben allgemeinen gesellschaftlichen Fragen, etwa der Diskussion um den Paragraphen 218 oder zum Thema Korruption, galt das Interesse der Redaktionen in besonderer Weise Themen der sozialen Bewegungen jener Jahre. So finden sich zahlreiche Berichte beispielsweise zur Aufrüstung, zu Möglichkeiten einer sozialen Ökologie, zum Müllrecycling, zu Tierversuchen oder zum neugegründeten Ortsverband der Freisinger Grünen. Besonders häufig wurde der Bau des neuen Großflughafens thematisiert.

Den Freisinger politisch-alternativen Zeitschriften jener Jahre, die im Stadtarchiv leider nicht ganz vollständig vorhanden sind, kommt heute Quellenwert für die jüngere Stadtgeschichte zu. Sie geben wieder, was viele insbesondere jüngere Bürgerinnen und Bürger in den 1970er und frühen 1980er Jahren bewegt hat – zumal sich ihre Sichtweisen in den etablierten Presseorganen nicht oder nur in geringem Umfang wiederfanden.

AUTOR: Florian Notter
QUELLEN: Stadtarchiv Freising, Zeitungssammlung. Ein ausdrücklicher Dank für wertvolle Informationen gilt Herrn Herbert Swetlik, Freising; er war einer der Redakteure der Zeitschrift „Zeck“.

Juli/August 2021 - Dem Freisinger Himmel ganz nahe. Drei Spengler auf dem St. Georgs-Turm (1892)

Im Frühjahr 1889, als sich die Blicke der Weltöffentlichkeit auf den soeben fertiggestellten Eiffelturm richteten, eröffnete ein junger Mann in der Freisinger Amtsgerichtsgasse ein Fotoatelier. Der Mann hieß Jakob Werkmeister (1859-1938) und er war neu in der Stadt. Der Zeitpunkt, sich hier als Fotograf niederzulassen, schien günstig: Mehrere Freisinger Fotografen der Pioniergeneration hatten in den zurückliegenden Jahren ihre Ateliers aufgegeben und die Stadt verlassen. Als einziges längerfristig bestehendes Atelier war dasjenige von Franz Ress verblieben. Freising mit seinen damals rund 13.000 Einwohnern konnte einen weiteren geschäftstüchtigen Fotografen also gut gebrauchen.

Jakob Werkmeister brachte einige Berufserfahrung mit. Zum Fotografen ausgebildet worden war der gebürtige Giesinger ab 1874 bei seinem Onkel in der südrussischen Stadt Saratow. Bevor er sich in Freising niederließ, war er in Höchstädt an der Donau tätig. In Freising gelang es Werkmeister, relativ schnell Fuß zu fassen. Das Fotografengeschäft entwickelte sich gut und war aus dem städtischen Alltagsleben bald nicht mehr wegzudenken. Als Mitglied des Kollegiums der Gemeindebevollmächtigten engagierte er sich auch politisch. 1902 wurde Werkmeister eine seltene Ehre zuteil: Durch die Verleihung des bayerischen Hoftitels durfte er sich fortan „Königlich Bayerischer Hofphotograph“ nennen.

Neben seinem Hauptgeschäftszweig, der Porträtfotografie, widmete sich Jakob Werkmeister auch der Architekturfotografie. Unübersehbar war zudem sein Faible für spektakuläre Inszenierungen. Zahlreiche Fotografien, die der Meisterfotograf hinterlassen hat, veranschaulichen dies. Er verstand es, sich außergewöhnliche Begebenheiten zunutze zu machen. Das Ergebnis waren nicht minder außergewöhnliche Fotomotive, wobei Werkmeister das eigentliche Geschehen nicht selten neu arrangierte und die Szenerie dabei plakativ übersteigerte.

So verhält es sich auch bei der Fotografie, die drei Spengler auf der Laterne des Freisinger St.-Georgs-Turmes zeigt. Glücklicherweise finden sich auf der Rückseite des Fotokartons zeitgenössische Angaben zum Datum und zu den Personen. Demnach schoss Werkmeister die Fotografie am 14. Juni 1892 – um kurz vor halb elf am Vormittag, wie die Turmuhr anzeigt. Bei den drei Personen handelt es sich um die Brüder Josef, August und Otto Feichtmayr, Söhne des Freisinger Spenglers Xaver Feichtmayr. Aufgrund der Stellung des Turmkreuzes und der zaghaft erkennbaren Licht- und Schattenpartien, die auf einen Sonnenstand von Südosten her schließen lassen, muss die Fotografie aus nordöstlicher Richtung aufgenommen worden sein. Da das Werkmeister-Atelier in der Amtsgerichtsgasse (Nr. 3) vom Turm aus in nordöstlicher Richtung lag, wäre denkbar, dass Werkmeister die Kamera im Umfeld seines Hauses, vielleicht auf dem flachen Dach, positioniert hatte.

Ausgangspunkt für die Entstehung der spektakulären Fotografie waren verschiedene Renovierungsarbeiten am Außenbau der Stadtpfarrkirche St. Georg, mit denen man bereits 1891 begonnen hatte. Arbeiten an einem derart exponierten Platz wie der Turmlaterne sind den damaligen Freisingern sicherlich nicht verborgen geblieben. Im Gegenteil, im Juni 1892 war dies wohl ein bestimmendes Thema in der Stadt. Jakob Werkmeister dürfte in dem ungewöhnlichen Treiben in luftiger Höhe schnell ein fotografierenswertes Motiv erkannt haben. Er begnügte sich jedoch nicht damit, die Arbeiter einfach abzufotografieren, sondern inszenierte das Geschehen gewissermaßen neu. Er muss mit den Spenglern Kontakt aufgenommen und sie angewiesen haben, wo und wie sie sich zu positionieren hatten. Die fein austarierte Anordnung auf der Laterne, auf dem Knopf und am Kreuz und die erkennbar arrangierten, demonstrativ lässigen Körperhaltungen brachten das von Werkmeister gewünschte Ergebnis: Nicht einfach nur eine Abbildung des Baugeschehens an einem außergewöhnlichen Ort, sondern die Formulierung einer (neuen) Bildaussage. Demnach sind auf der Fotografie eben nicht nur drei Spengler bei der Arbeit zu sehen, sondern vielmehr drei wagemutige, ja tollkühne Menschen, die ungeachtet der enormen Gefahr den kolossalen, eigentlich unerreichbaren Turm scheinbar mühelos und mit fröhlichem Leichtsinn bezwungen haben und dem Freisinger Himmel dadurch ziemlich nahegekommen sind.

 

'Autor: Florian Notter
QUELLEN: Stadtarchiv Freising, Fotosammlung; ebd., Familienbogen u. Ansässigmachungsakte Xaver Feichtmayr; ebd., Häuserkartei, Am Büchl 15 u. Untere Hauptstraße 9.
LITERATUR: Notter, Florian: Freising in der Frühzeit der Fotografie. 60 Aufnahmen aus den Jahren 1860 bis 1900 (Kataloge des Stadtarchivs Freising 1), München 2015, bes. S. 9-16 u. 82-83; Notter, Florian: Aufbruch und Umbruch. Freising in Fotografien der Jahre 1900 bis 1920 (Kataloge des Stadtarchivs Freising 2), München 2017, bes. S. 9-10.

Dezember 2021 - Bücher für Bürger - Zur Tätigkeit des "Literarischen Vereins Freysing" im 19. Jahrhundert

Bevor im Jahr 1959 die Stadtbibliothek gegründet wurde, gab es für die meisten Freisingerinnen und Freisinger keinen Zugang zu einem breiteren Angebot an Fach-, Sach- oder Unterhaltungsliteratur. Die in der Stadt reichlich vorhandenen Spezialbibliotheken auf dem Domberg und auf dem Weihenstephaner Berg waren rein auf die Bedürfnisse der Forschung, der Lehre und des Studiums einzelner wissenschaftlicher Sparten ausgerichtet und für die Öffentlichkeit nicht zugänglich gewesen. Das Fehlen einer öffentlichen Leihbibliothek, deren Bildungsauftrag sich auf die Stadtgesellschaft in ihrer ganzen Breite erstreckte, rief verschiedentlich private Initiativen auf den Plan, die sich um den Aufbau kleinerer Bibliotheken bemühten und damit zumindest phasenweise auch Erfolg hatten.

Die vermutlich älteste private Initiative einer bürgerlichen Leihbibliothek in Freising geht auf die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts zurück. Eine Reihe Freisinger Bürger beschloss im Jahr 1856, eine Bibliothek aufzubauen und deren Betrieb über einen Verein zu organisieren. Die Vereinsgründung fand am 20. September 1856 statt, der Vereinsname lautete „Literarischer Verein Freysing“. Die Bezeichnung ist insofern etwas missverständlich, als man unter „Literarischer Verein“ andernorts literarische Gesellschaften verstand, innerhalb welcher Literatur geschaffen und besprochen wurde. Ziel des Freisinger „Literarischen Vereins“ war es laut Satzung jedoch, „seinen Mitgliedern die neueren Erscheinungen der Belletristik, historischen und naturwissenschaftlichen Literatur, ferner Reisebeschreibungen und social-politische, wie kirchlich-politische Schriften in deutscher Sprache“ zu beschaffen und zur Ausleihe bereitzustellen.

Geleitet wurde der Verein von einem Vorsitzenden, einem Vereinsbibliothekar und einem Kassier. Finanziert werden konnte der Buchbestand durch die Mitgliedsbeiträge sowie Spendenmittel. Die Buchbeschaffung erfolgte auf sehr demokratische Weise: Jeden ersten Montag im Monat fand eine Mitgliederversammlung statt, bei der über die neu zu erwerbenden Titel abgestimmt wurde.

Zur besseren Übersicht ließ der Verein Kataloge drucken, in dem der gesamte Buchbestand alphabetisch nach Autor aufgeführt war. Ein im Stadtarchiv Freising überlieferter Katalog (19 x 13 cm) aus dem Jahr 1864 enthält 542, teils mehrbändige Titel. Die Ausleihe war allerdings nur Vereinsmitgliedern gestattet.

Neben dem Katalog und einigen wenigen behördlichen Schriftstücken besitzt das Stadtarchiv auch einen Buchtitel aus dem Bestand der ehemaligen Vereinsbibliothek. Das Buch („Der Tannhäuser. Eine Künstlergeschichte“, 1. Band, von Friedrich Wilhelm Hackländer, 1860) trägt die Nummer „382“, unter ebenwelcher der Titel auch im Katalog aufgeführt ist. Am vorderen Buchspiegel (Innenseite des vorderen Buchdeckels) ist das Exlibris des „Literarischen Vereins“ eingeklebt.

Über die weitere Entwicklung und das Ende des Vereins ist derzeit nichts bekannt. Es ist zu vermuten, dass sich dieser noch vor der Jahrhundertwende auflöste und der Bibliotheksbestand veräußert wurde.

Quellen: Stadtarchiv Freising, Akten I, Vereine, Literarischer Verein; ebd., Bibliothek.
Autor: Florian Notter

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